Leitfaden zum Thema Erbschaft und Erbe

Erbschaft und Erbe

Der eigene Tod oder der eines nahen Angehörigen ist kein schönes Thema. Viele Menschen schweigen darüber, bis es zum Ernstfall kommt. Selbst bei einer Krankheit, die den nahen Tod ankündigt, sind viele immer noch überrascht, wenn er eintritt. Sie können es vor sich selbst nicht zugeben, dass das Familienmitglied bald nicht mehr unter ihnen ist. Aber es ist wichtig, dass sich Menschen mit diesem Thema beschäftigen, damit ihr Erbe an die Angehörigen geht, denen sie es geben wollen. Immerhin geht es dabei um große Beträge - insgesamt vererben die Deutschen jedes Jahr 200 Milliarden Euro, schätzt die Postbank laut der Zeit. Deswegen ist es notwendig, dass sich Menschen frühzeitig über die Nachlassregelungen informieren, um die beste Möglichkeit für sich und ihre Erben zu finden. Der folgende Text beantwortet die wichtigsten Fragen zu diesem Thema.

Inhalt:


1. Welche Möglichkeiten der Nachlassregelung gibt es?


Abbildung 1: Die Nachlassregelung sollte gut durchdacht sein und daher nicht zu lange aufgeschoben werden
© lisafx - Depositphotos.com

Die beste Möglichkeit, den Nachlass zu regeln, besteht in der Form eines Testaments. Mit dem aufgeschriebenen letzten Willen ist es nicht möglich, dass die Erben in einen großen Erbstreit verfallen - das Testament ist gültig, auch wenn sich jemand ungerecht behandelt fühlt. Schon vor dem Tod ist es außerdem möglich, sein Kapital durch Schenkungen zu verteilen; umso geringer fällt dadurch logischerweise das Erbe aus. Wenn es kein Testament gibt oder dieses fehlerhaft aufgesetzt wurde, spielt die gesetzliche Erbfolge eine Rolle.

2. Was ist ein Testament?

In einem Testament wird der letzte Wille geregelt. Dies bedeutet, dass darin festgelegt wird, wer wie viel vom Erbe bekommen soll. Entgegen der gesetzlichen Erbfolge kann in dem Schriftstück auch ein entfernter Verwandter oder gar ein guter Freund oder der Geschäftspartner als Haupterbe eingesetzt werden. Die Erstellung dieser Urkunde macht es oft einfacher, das Erbe zu verteilen. Zum Teil ist ein Testament außerdem notwendig, damit ein Erbschein ausgestellt werden kann.

3. Wie wird das Testament verfasst?


Abbildung 2: Das Testament ist handschriftlich zu verfassen und mit Datum und Unterschrift zu versehen
© Hasenonkel - Depositphotos.com

Damit das Schriftstück offiziell als Testament anerkannt wird, sollte es als solches (optional auch als Letzter Wille) betitelt werden. Ein Datum sowie eine Unterschrift gehört in jedem Fall darunter - werden nach der Unterschrift noch Schriftstücke eingefügt, müssen diese extra unterschrieben werden. Die Datumsangabe ist wichtig, da ein jüngeres Testament ein älteres wirkungslos macht. Damit die Echtheit in jedem Fall garantiert ist, muss es handschriftlich erstellt sein. Laut test.de ist die Sprache dabei egal, solange ein Dritter sie versteht. Die Angaben sollten so konkret wie möglich festgelegt werden, damit es keine Streitpunkte zwischen den Erben geben kann. Wer nicht mehr selbst fähig ist, zu schreiben, hat die Möglichkeit, ein notarielles Testament in Auftrag zu geben: Der Betroffene gibt dem Notar alle Angaben, die in dem Schriftstück stehen sollen, und muss nur noch unterschreiben. Außerdem ist es möglich, statt dem notariellen Testament eine verschlossene Übergabe zu wählen. Bei dieser kann der letzte Wille ausgedruckt und dem Notar in einem verschlossenen Umschlag überreicht werden - dieser öffnet ihn nicht, bis die Zeit für die Testamentsvollstreckung gekommen ist.

4. Was ist ein Erbschein?

In diesem Schriftstück ist festgelegt, wer nach dem Tod eines Angehörigen der gesetzliche Rechtsnachfolger ist. Vor allem für Grundstücksüberschreibungen ist der Erbschein oft notwendig. Zum Teil reicht auch das rechtskräftige Testament. Falls dieses aber nicht vorliegt, ist der Schein verpflichtend, um zum Beispiel bei Immobilienbesitz oder für das Bankguthaben des Verstorbenen als Erbe anerkannt zu werden. Besonders bei schwierigen Familienverhältnissen kann die Anerkennung von Vorteil sein, sodass es später nicht zu Streitigkeiten oder Rückforderungen der anderen Familienmitglieder kommt.

5. Wie wird der Erbschein ausgestellt?

Für die Ausstellung dieser Urkunde ist das jeweils zuständige Nachlassgericht verantwortlich. Dies richtet sich nach dem letzten Hauptwohnsitz des Verstorbenen; war dieser im Ausland, ist das Amtsgericht Berlin-Schöneberg zuständig. Die Beantragung des Erbscheins muss offiziell sein, ein formloses Schreiben genügt nicht, berichtet ergodirekt.de. Damit er ausgestellt werden kann, muss der Erbe einige Unterlagen zum Termin beim Amtsgericht mitbringen; Stammbuch und Geburtsurkunde zählen unter anderem dazu. Falls ein Testament vorhanden ist, sollte der Erbe dieses ebenfalls mitbringen.

6. Was passiert, wenn es kein Testament gibt?

Wie in den vorherigen Fragen schon erwähnt, ist ein Testament zwar von Vorteil, aber keine Pflicht. Einige Menschen sterben auch überraschend, sodass sie keine Möglichkeit zur Anfertigung eines Testaments hatten. In diesem Fall greift die gesetzliche Erbfolge. Nach dieser werden die Erben benannt und auch die zum Teil notwendigen Erbscheine ausgestellt. Erben gibt es demnach immer. Auch ohne Testament wird daher das Vermögen des Verstorbenen verteilt, das Gesetz geht dabei nach einer bestimmten Ordnung vor.

7. Wie funktioniert die gesetzliche Erbfolge?

Die gesetzliche Erbfolge ist nach drei Ordnungen festgelegt. Je näher verwandt der Angehörige mit dem Verstorbenen ist, desto höher ist die Ordnung, der er angehört, stellt finanztip.de dar. Aus diesem Grund gehören die eigenen Kinder sowie deren Nachkommen zu den Verwandten 1. Ordnung. In der 2. Ordnung sind die Geschwister sowie deren Nachkommen und die Eltern definiert, in die 3. Ordnung gehören die Tanten, Onkel sowie deren Nachkommen und Großeltern. Der Ehepartner ist kein direkter Blutsverwandter, durch die enge Beziehung zum Verstorbenen wird er allerdings als Verwandter der 1. Ordnung gehandelt. Für Ehepartner und eingetragene Lebenspartner gilt außerdem das Sonderrecht des Ehegattenerbrechts (§1931 BGB). Dadurch wird das Erbrecht der Verwandten eingeschränkt; Partner bekommen ein Viertel des Erbes, wenn neben ihm die Kinder durch das Erbe begünstigt werden. Sind es aber Verwandte der zweiten und dritten Ordnung, die das Erbe antreten würden, erhalten die Ehepartner die Hälfte. Im Falle, dass es keine Familienmitglieder gibt, erhält der Partner die gesamte Hinterlassenschaft. Über die Kinder oder die Verwandten der 2. und 3. Ordnung wird das Erbe gleichmäßig aufgeteilt, nachdem der Ehegatte seinen Teil bekommen hat. Folgende Grafik zeigt, wie die Splittung des Erbes erfolgt, nachdem ein Viertel des Erbes bereits an den Ehepartner abgetreten wurde und eines der Kinder schon gestorben ist.



8. Welche Freibeträge gibt es?

Wer erbt, muss sich mit der Erbschaftssteuer auseinandersetzen. Bei zu hohen Beträgen bedeutet dies, dass ein guter Teil des Erbes als Steuer bezahlt werden muss; bis zu 50% sind möglich. Damit dies nicht passiert, kann der Betroffene im Vorfeld sein Vermögen mittels Schenkungen verteilen oder darauf achten, dass das Erbe nicht zu weit über den Freibetrag hinausgeht. Die folgende Tabelle zeigt, für welchen Verwandtschaftsgrad welche Freibeträge in welcher Steuerklasse gelten. Ist das Erbe höher, wird nur die Differenz mit der Steuer belastet, nicht der komplette Betrag.

Verwandtschaftsgrad Freibetrag Steuerklasse
Ehepartner und Lebenspartner in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft 500.000 € I
Kinder, Enkelkinder (deren Eltern verstorben sind), Stief- und Adoptivkinder 400.000 € I
Enkelkinder (mit lebenden Eltern) 200.000 € I
Eltern und Großeltern (Erbschaft) 100.000 € I
Eltern und Großeltern (Schenkung) 20.000 € II
Alle anderen Angehörigen und Empfänger einer Erbschaft oder Schenkung 20.000 € II
Quelle: steuertipps.de

9. Werden Schulden mitvererbt?

Einige Verstorbene sahen sich zu Lebzeiten hohen Schulden gegenüber, die sie nicht bezahlen konnten. Mit ihrem Tod verschwinden diese Schulden nicht plötzlich. Wenn Erben die Erbschaft annehmen, bekommen sie dadurch auch die Schulden mitvererbt und müssen diese tilgen. Dies kann in einigen Fällen den finanziellen Ruin des Erben bedeuten - es ist daher wichtig zu wissen, wie Angehörige davor geschützt werden können.

10. Wie können Angehörige vor Schulden bewahrt werden?


Abbildung 3: Eine Risikolebensversicherung kann Angehörige im Todesfall vor vererbten Schulden schützen
© Wavebreakmedia - Depositphotos.com

Es gibt eine Möglichkeit, wie der Verstorbene selbst noch zu Lebzeiten dafür sorgen kann, dass seine Schulden nicht auf seine Erben übergehen. Einige Versicherer bieten mittlerweile Risikolebensversicherungen an. Dies ist eine Anlage, in die der Versicherte über einige Jahre eine bestimmte Summe durch Einzahlungen anspart. Die entstehende Versorgungslücke bei seiner Familie wie auch die Schulden sollten bei der Festlegung der Summe eine Rolle spielen. Stirbt der Versicherungsnehmer, bekommt der im Vertrag Begünstigte die Summe, ebenso wie die Kreditinstitute oder andere Gläubiger, von denen sich der Verstorbene Geld geliehen hatte. Falls diese Risikolebensversicherung nicht besteht, ist es für die Erben zudem möglich, die Erbschaft auszuschlagen.

11. Wie kann die Erbschaft ausgeschlagen werden?

Um das Erbe auszuschlagen, ist es nötig, dass der Erbe beim Nachlassgericht eine Niederschrift hinterlegt; entweder persönlich oder durch eine notarielle Erklärung per Post. Für die Ausschlagung hat der Erbe sechs Wochen Zeit. Dies bedeutet im Umkehrschluss, dass er, um die Erbschaft anzutreten, einfach nichts machen muss.

12. Kann die Ausschlagung oder die Annahme rückgängig gemacht werden?

Laut stern.de kann die Annahme oder Ausschlagung zurück genommen werden, da das Gesetz in diesem Fall pragmatisch formuliert ist: „Die Anfechtung der Annahme gilt als Ausschlagung, die Anfechtung der Ausschlagung gilt als Annahme.“ Für die Anfechtung muss allerdings ein triftiger Grund vorliegen. Der Gesetzgeber akzeptiert als Gründe entweder, dass sich der Erbe geirrt hat; er hat entweder das falsche Nachlassgericht für die Ausschlagung gewählt oder mit der Annahme sind Auflagen verbunden, die er nicht erfüllen kann. Täuschung oder Drohung, die zur Entscheidung des Erben geführt haben, sind ebenfalls ein Grund, die Entscheidung rückwirkend anzufechten und zu ändern. Die Nuancen sind hier sehr klein, daher lohnt sich in diesem Fall der Rat von einem Fachmann.

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